Stadtverwaltung verträumt kleines Vermögen
Im Technischen Ausschuss vor wenigen Tagen berichtete Oberbürgermeister Kerndt, dass ein städtisches Grundstück am Eichhörnchenweg nicht mehr benutzt werden kann. Bis vor einigen Jahren war hier der Juki aktiv. Dies war einst der aktivste Jugendklub in Dippoldiswalde. Ob der Verein derzeit noch existiert? Die Räume stehen leer, die Telefonnummer ist abgeschaltet.
Das Grundstück, genau hinter dem Gebäude der Volkssolidarität, war über den Eichhörnchenweg erschlossen. Dieser Weg befindet sich jedoch in Privatbesitz. Und diese Eigentümer behalten sich vor zu entscheiden, wer ihren Weg benutzen kann. Dass in unmittelbarer Nachbarschaft von den eigenen Wohngebieten nach Ruhe getrachtet wird, ist nur allzu verständlich.
Und so hat Dippoldiswalde nun das Problem, ein lukratives Grundstück in guter Lage nicht nutzen zu können. Ralf Kerndt machte daher den Vorschlag, das Grundstück der Volkssolidarität zur Nutzung (Erbpacht) anzubieten. Ob die Volkssolidarität Dresden überhaupt die Kraft hat, sich hier zusätzlich zu engagieren, bezweifeln sogar einzelne Verantwortliche vor Ort.
Vielleicht, so hofft der Oberbürgermeister, gestalten sich die Anwohner in diesem Areal auch einen Treff- oder Feierplatz.
Insgesamt klingt die Geschichte positiv und als hätte es nie eine Alternative gegeben. Wenn aber das Rathaus sich im Jahr 1999/ 2000 ganz einfach das Wegerecht zu diesem Grundstück hätte eintragen lassen, wie es der damalige Justizminister Kolbe in einer Medieninformation allen Bürgern des Freistaates geraten hatte, hätte es heute keine derartigen Probleme gegeben. Das Grundstück wäre uneingeschränkt nutzbar gewesen.
Um die Rechtslage nach der Wiedervereinigung der ehemaligen DDR mit bundesdeutschem Recht anzugleichen, wurde die Gutglaubensvorschrift des § 892 BGB in den neuen Bundesländern für einen befristeten Zeitraum (bis Ende 1999) eingeschränkt. Durch das 2. Eigentumsfristengesetz wurde diese Regelung um ein weiteres Jahr (bis zum 31.12.2000) verlängert. U.A. sah dieses Gesetz vor, dass Mitbenutzungsrechte, wie insbes. Wege- und Überfahrtsrechte, die nach §§ 321, 322 DDR-ZGB vorhanden waren, im Grundbuch gesichert werden konnten.
Die Inhaber bislang nicht im Grundbuch eingetragener Rechte können diese unter bestimmten Umständen verlieren.
Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen sollten Sie sich über die Grundbuchlage informieren und Rechte rechtzeitig durch Eintragung im Grundbuch sichern. Bei Zweifeln wird empfohlen, fachkundigen Rat von Rechtsanwälten oder Notaren einzuholen.
Sachsens ehemaliger Justizminister Manfred Kolbe im November 2000
Und genau diese Grundbucheintragung dürften die damaligen Verantwortlichen im Dippser Rathaus verträumt haben. Aus einem interessanten Grundstück mit entsprechendem Wert wird nun eine Belastung, ein fast unverwendbares Stückchen Land ohne Zufahrt.
Darf man die Namen der Verantwortlichen nennen? Über diese Frage haben wir lange beratschlagt. Aber sowohl Ex-Bürgermeister Horst Bellmann als auch der damalige Bauamtsleiter Harald Bär verdienten in diesen Jahren gutes Geld für ihre Arbeit. Ersterer genießt nun seine Rente (die auch aufgrund der Bezüge für das Amt als Bürgermeister berechnet wird), Harald Bär fand nach seinem nebulösen Ausscheiden einen guten Arbeitsplatz bei der Landestalsperrenverwaltung.
Und während Privatpersonen für den Staat sofort mit ihrem Privatvermögen haften – fast jeder hat schon mal eine Mahnung mit der Androhung der Vollstreckung erhalten, wenn er vergessen hat, seine KFZ-Steuer zu bezahlen – gibt es für Politiker keine Amtshaftung. Bei Fehlentscheidungen einer Behörde zahlt im Zweifel der Steuerzahler.
Daher: Man darf und man muss die Namen der Verursacher nennen, sonst denken die Verantwortlichen in diesen Positionen lediglich bis zum Ende ihrer Wahlperiode bzw. bis zu ihrer Rente. Wer Fehler macht, soll wie jeder andere Bürger dieser Republik auch für sein Handeln einstehen müssen.