Der „Eulenspiegel“-Chef liest im Rathaus Dippoldiswalde
Es sind tatsächlich schon zehn Jahre vergangen, seit in Dippoldiswalde ohne jegliche Fördermittel eine literarische Reihe entstand – als Pendant und notwendige Ergänzung zur klassischen Musik. Ohne jegliche staatliche Unterstützung fanden inzwischen fünfzig Veranstaltungen statt. Für allgemein teure Schauspieler oder Autoren mit großen Namen reichte es selten. Aber an Qualität und System der Lesungen und Würdigungen bedeutender Schriftsteller hat es wohl kaum gefehlt. Intimität kennzeichnete diese Veranstaltungen wie jene im größeren Kreise der „Meisterinterpreten im Gespräch“ im Parksaal. Die kostenlosen Programmhefte konnten gewiß auch zur (Weiter-)Bildung beitragen. Und weil Künstler Dresdens und der Region halfen, das mühsames Werk zu stützen, gelangen viele interessante Darbietungen, bei Bedarf mit Schwesterkunst Musik verbunden. Wie in der Kirche werden die traditionellen Weihnachtsveranstaltungen am besten angenommen.
Ein besonderes Dankeschön gilt an dieser Stelle der Stadtverwaltung, voran (auch als Hörer!) dem Oberbürgermeister für die hilfreiche Unterstützung, insbesondere die Möglichkeit der Ratssaalnutzung. Es fragt sich nur hier wie da, ob sich langfristig ein geeigneter Organisator als Nachfolger findet, und vor allem, ob daran ernsthaftes Interesse der Zuständigen besteht, das weiterzuführen, was Dippoldiswalde neben dem Museum am meisten bekannt machte: künstlerisch und organisatorisch wertvolle Angebote, nicht Tingeltangel.
Der Weg soll am 51. Nachmittag noch nicht zu Ende sein. Letzterer wurde für Sonnabend, den 2. Oktober 2010, 16 Uhr in der Absicht geplant, mit Heiterkeit ins zweite Dezennium zu gehen. Die wahre Heiterkeit war dem Römer Seneca eine ernste Sache, und nach Friedrich Georg Jünger ist Heiterkeit immer das Anzeichen der Freiheit. In diesem Sinne ist mit Kurt Tucholsky zu hoffen, daß bei dem angebotenen Titel „Wir sind die Doofen“ die Oberen nicht auf dem Sofa sitzen und übelnehmen.
Gast ist der Chef der „Eule“, dem in der DDR von einer halben Million Lesern immer wieder mit Spannung erwarteten Magazin, weil der Hebel der Satire schon immer eine gewisse Chance hatte, des Volkes Meinung zu reflektieren.
Mathias Wedel, Erfurter vom Jahrgang 1953, lebt, nach seinen ersten Antworten zu schließen, mit Computer im Baumhaus – wohl näher dem ehemaligen „Karin Hall“, der Pionierrepublik und Schloß Hubertusstock als der Bundeskanzlerin. Er promovierte über „Funktionen der Satire im Sozialismus“, dozierte an der Schauspielschule „Ernst Busch“ und verfaßte Kabarett-Texte.
Seine Bissigkeit scheint ihm seit seinem Buch „Einheitsfrust“ (1994) noch nicht abhanden gekommen zu sein. Allein wir wissen ja auch, daß Satire alles darf, ihrem Wesen nach übertreiben muß. Der Hörer wird sicherlich Buch und Wirklichkeit vergleichen.
Mathias Wedel bringt seine jüngste Bestandsaufnahme in Buchform zum Verkauf mit und wird gern signieren.
Die Eintrittskarten kosten 8,- beziehungsweise ermäßigt 6,- Euro.
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