Chance vertan
Oftmals jammern unsere Bürgervertreter im Stadtrat, dass bei der Vergabe von Aufträgen keine einheimischen Unternehmen zum Zuge kommen.
Ab sofort kann man solche Einwände als zynisch oder heuchlerisch bezeichnen. Ohne tiefgründige Überlegungen wurden Aufträge im geschätzten Wert von 20-30 Tausend Euro an ein deutschlandweit agierendes Unternehmen vergeben, obwohl alle Leistungen auch in unserer Region zu erhalten gewesen wären.
Das dickste Ding dabei: Die Kosten werden durch die Stadt beauftragt und den Dippser Unternehmern (als Werbeetat) quasi in die Bücher geschrieben.
Aber im Detail:
Warum die Verwaltung der Meinung ist, dass Dippoldiswalde eine neue Bürgerbroschüre braucht, wurde im Haupt- und Verwaltungsausschuss nicht deutlich. Frau Heger aus dem Dippser Rathaus durfte das Projekt sehr detailreich vorstellen.
9.000 Exemplare von einer etwa 35-seitigen Broschüre sollen hergestellt werden. Dazu gibt es vom Verlag noch ein paar Stadtpläne geschenkt und zudem die Möglichkeit, auf Online-Karten der Werbefirma im Internet zugreifen zu können. Seitens der Stadtverwaltung wird an diesem Projekt schon seit mehreren Jahren gearbeitet, es erfolgten diverse Absprachen, eine Ausschreibung über den Leistungsumfang wurde durchgeführt und ein Grobkonzept für den Inhalt erarbeitet.
Die Stadt kostet die Broschüre vermeintlich nichts. Die Dippser Händler- und Gewerbetreibenden hingegen werden bestimmt in den nächsten Tagen und Wochen vom Städte-Verlag E.v. Wagner J. Mitterhuber GmbH angesprochen, damit sie mit ihrer Werbung das Projekt finanzieren.
Im Übrigen dürften sich auch die Arbeitskosten für die Mitarbeiter im Rathaus der 4-stelligen Summe nähern bzw. diese bereits überschritten haben. Erst in diesen Tagen wurden die Ortschaftsräte aufgefordert, verschiedene Zuarbeiten zu leisten, die dann durch die Verwaltung geordnet, zusammengefasst und weitergeleitet werden. Warum sich die Verwaltung in Zeiten knapper Kassen um diese zusätzliche Aufgabe nahezu reißt, blieb ebenfalls unklar.
Lediglich Oberbürgermeister Jens Peter, der explizit durch die StattZeitung (und weitere Bürger) auf alternative und vor allem sparsamere Wege aufmerksam gemacht wurde, brachte zur Beratung im Haupt- und Verwaltungsausschuss Sachargumente ein, die zum Nachdenken hätten anregen müssen.
Allein bei Stadtrat Jens Mücklich stieß er dabei auf Gehör. Der in Dipps bekannte Optiker wollte sich mit dem Thema noch einmal befassen und schlug eine Vertagung der Beschlussfassung vor. Damit stieß er allerdings bei seinen Ratskollegen auf taube Ohren. Die Broschüre wurde in Auftrag gegeben.
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Vollkommen überraschend durfte ich (Heiko Frey) als Bürger an der Diskussion teilnehmen. Allerdings fehlte mir in diesem Augenblick die entsprechende Vorbereitung auf dieses Thema.
Ich fragte aber nach, ob man lieber eine Bürgerinformation bräuchte – die wir durch das neue Amtsblatt seit Beginn dieses Jahres ja eigentlich haben – oder ob man eher Touristen die Übersicht in Dippoldiswalde und die Information über interessante Ziele erleichtern will.
Das sollten jedoch zwei verschiedene Ziele sein, über die man sich vorab verständigen muss. Dieser Gedanke und auch weitere Vorschläge, grob nachzulesen in einem Artikel der StattZeitung von Mitte September, fanden allerdings keine Beachtung.
Oberbürgermeister Jens Peter schrieb im vorletzten Amtsblatt u.a. folgende Sätze:
Eine lebendige und wache, zum Engagement bereite Bürgerschaft, die sich selbstbewusst und kritisch in ihre eigenen Dinge einmischt und sie nicht selten selbst in die Hand nimmt, gehört zu den Schätzen, die unsere Stadt und ihre Ortsteile zu bieten haben. Genau betrachtet ist es eigentlich das größte Pfund, mit dem wir wuchern können. Für eine solche Bürgerschaft zu arbeiten ist vielleicht manchmal anstrengend, vor allem aber macht es Freude …
Diese Freude wird den Stadträten nunmehr entgehen. Außerdem wurden finanzielle Ressourcen und kreative Ideen verschenkt, die von Bürgern kostenlos angeboten wurden und die unsere Stadt dringend notwendig hat. In der Folge werden die Bürger wohl noch zurückhaltender mit ihrem Engagement für die Stadt werden.