Wie gelangt ein Bürger an Informationen – ein Selbstversuch
Da auf schriftliche Nachfrage weder eine Reaktion vom Abwasserzweckverband Talsperre Malter noch Antworten von den hier beteiligten Stadträten von Dippoldiswalde erfolgten, nutzte ich die Möglichkeit der Teilnahme an einer Verbandsversammlung am letzten Donnerstag. Vielleicht gibt es ja dieses Unternehmen nur virtuell oder gar nicht? Auf eine Anfrage vom 27. Juli reagierte lediglich Oberbürgermeister Kerndt und dies auch erst nach nochmaliger Erinnerung. Er bat seinerseits allerdings nur um „Fristverlängerung“ bis Ende August.
Der Abwasserzweckverband wurde durch die Kommunen Dippoldiswalde und Schmiedeberg gegründet. „Chefs“ (Verbandsvorsitzender und Stellvertreter) sind hier die jeweiligen Bürgermeister, die durch ausgewählte Stadt- bzw. Gemeinderäte beider Ortschaften unterstützt werden. Für das operative Geschäft wird Uto Böhme als Geschäftsführer bezahlt. Ihm stehen verschiedene Mitarbeiter (allg. Verwaltung, Kämmerei, Abrechnung, techn. Dienste) zur Seite.
Das Positive zuerst:
- Die erzielten Ergebnisse im Jahr 2009 müssen so schlecht nicht gewesen sein, nach kurzer Diskussion stimmten die anwesenden Verbandsmitglieder der vorgelegten Jahresrechnung zu.
- Am 1. September wird der Abwasserzweckverband eine eigene Internet-Präsenz online schalten. Die Anregung hierzu gab die StattZeitung Anfang dieses Jahres.
- Die Teilnahme von mir als Fremden/ Gast an der Versammlung irritierte zunächst die Beteiligten. In einer zweiten Reaktion äußerte man sich erfreut, dass es doch Interesse seitens der Bürger gibt. Dass insbesondere die etablierten Medien nicht aus diesem Gremium Bericht erstatten, fanden die Verbandsvertreter merkwürdig, würde doch gerade hier über gewaltigen Summen und Aufträge beschlossen.
Nun zum eher Schlechteren:
- Obwohl Oberbürgermeister Ralf Kerndt zugleich auch der führende Kopf im Abwasserzweckverband ist, hat die interne Abstimmung nicht funktioniert. Zeitgleich zur Verbandsversammlung des Abwasserzweckverbandes, wo über das Betriebsergebnis für das Jahr 2009 abgestimmt werden sollte, tagte der Dippser Finanzausschuss. Edith Post und Jürgen Strzebin, beide in beiden Gremien tätig, wurden wie ein Gummiball hin und her beordert. Dafür verließ der Oberbürgermeister während des wichtigen Rechenschaftsberichtes des AZV und der darauf angesetzten Abstimmung die Beratung in Richtung Finanzausschuss.
- Eigentlich wollte ich die Dippser Stadträte fragen, warum ich bisher keine Antworten auf die Anfragen der StattZeitung (vom 27. Juli) erhalten habe und worin sie (als Mandatsträger der Dippser Wählerschaft) speziell ihre Aufgaben in der Verbandsversammlung des AZV sehen. Wie oben erwähnt, waren aber E. Post und J. Strzebin gerade in der „falschen“ Sitzung, Axel Ruhsam habe die Mail nicht erhalten, Peter Kano fehlte entschuldigt und der Oberbürgermeister braucht ja noch etwas Zeit. Die StattZeitung wird berichten.
- Die bisherige, zugegebener Maßen kritische, Berichterstattung in der StattZeitung muss dem Geschäftsführer ziemlich in die Nase gefahren sein. Verbunden mit einigen Kraftausdrücken sagte Uto Böhme, dass ich (Heiko Frey) hier „ausfällig geworden sei“, und er würde daher nicht mehr auf meine Fragen reagieren.
- Da man als Gast über keine Vorlagen verfügt, kann man an der Diskussionsrunde mental eigentlich nicht teilnehmen. Das Vorlesen aus dem Rechenschaftsbericht stellte sich in meinen Ohren wie eine Lesung aus dem Kursbuch der Deutschen Bundesbahn dar. Die in den Raum geworfenen Zahlen kann man in der dargebotenen Form partout nicht verarbeiten. Daher beobachtete ich diverse „Nebensächlichkeiten“.
- Anstatt einer zeitgemäßen Präsentation des Rechenschaftsberichtes las Geschäftsführer Uto Böhme einzelne Passagen noch einmal aus dem Papier vor, welches den übrigen Beteiligten bereits seit einiger Zeit vorlag.
- Nachdem Sätze fielen, wie „sie schreibt hier“ oder „sie begründet es damit“ musste ich erst einmal (die Sitzung stören, und) den Geschäftsführer nachfragen, wer den Rechenschaftsbericht eigentlich verfasst hat. Antwort: Die Kämmerin Frau Parthey. Sie sollte sogar den Bericht auch vortragen, konnte aber aus persönlichen Gründen an dieser Versammlung doch nicht teilnehmen.
- Einzelne Zahlen erklärte Böhme auch mal mit dem Satz: „weiß ich gerade nicht, was das ist“. Darum, dass die teilweise sehr hohen Außenstände des AZV reduziert werden, wolle man sich zukünftig aber „bemühen“.
Und sonst?
Die Vereinigung der AZVs Malter und Rabenau wird wohl kommen. Ralf Kerndt sprach zwar von vorhandenen „Befindlichkeiten“, dass die Wasserversorgung Weißeritzgruppe (WVW/ Trinkwasserzweckverband) als Alternative keine Erfahrungen habe und so nicht qualifiziert genug sei, dass den angeschlossenen Kunden und Zahlern keine Vergünstigungen entstehen werden, aber insgesamt (in der Verwaltung, bei der Softwarenutzung, beim Entsorgen von Klärschlamm) doch Kosten gespart werden könnten.
Im Schmiedeberger Gemeinderat wird man die Geschäftsführer Uto Böhme (AZV) und Frank Kukuczka (WVW) zur Meinungsbildung vorladen. Bürgermeister Kaupert vermag bereits jetzt eine Tendenz in Richtung Olsabachtal erkennen.
Die Menge von Fehleinleitungen, dass heißt Regenwasser im Schmutzwasserkanal, welche in einzelnen Bereichen in Dippoldiswalde sehr heftig sein soll, kommentierte Geschäftsführer Böhme selber mit den Worten „Das ist unnormal“. Gefragt, warum hier nicht das zur Ortung dieser Störungen geeignete und beim AZV sogar vorhandene Nebelgerät zum Einsatz kommt, beantwortete Böhme unsicher und hilflos. Angeblich würden die Hausbesitzer schnell mit Putzlappen die Leitungen zustopfen. Mich erinnerte diese sowie die Antwort im Frühjahr hinsichtlich der Berechnung von Brunnenwasser an das umgedeutete Sprichwort: „Wo kein Wille ist, ist auch ein Weg.“
Ein weiteres großes Kostenproblem für den AZV ist die derzeitige Bilanz bei der Entsorgung von dezentralen, privaten Klärgruben. Entgegen der ursprünglichen Kalkulation gab es hier einen finanziellen Verlust von fast 50.000,- Euro. „Die lachen sich zur Zeit kaputt!“ – schätzte Uto Böhme die Besitzer dieser Klärgruben ein. Befragt nach einer Lösung antwortete er „Ich weiß es noch nicht.“
Ob nun die Kalkulation geändert wird oder ob gleich eine ganz neue Satzung erstellt wird, die Gebühren für die Entsorgung privater Klärgruben werden ansteigen.
Noch drastischer werden zukünftig wohl die Gebühren für die Entsorgung des Regenwassers steigen. Aufgrund der Entwicklung von Wetter, Klima und Starkniederschlägen ist sich Geschäftsführer Böhme hier absolut sicher.
Fazit:
Wenn Sie nachfragen bzw. wenn Sie Informationen benötigen, werden Sie ganz schnell als Querulant abgetan. Fast scheint es, als würden Amtsinhaber und Mandatsträger gegen die Interessen der Bürger agieren, von denen Sie ursprünglich gewählt wurden bzw. von denen ihr Gehalt bezahlt wird.
Es ist höchste Eisenbahn, die Geschäftsabläufe innerhalb des AZV zu straffen und ein für die Zukunft tragfähiges Handlungskonzept zu verfassen. Dies zu überwachen ist Aufgabe der hierfür bestimmten Stadträte und der Bürgermeister. Ob es jedoch machbar ist, bleibt fraglich. So kommunizieren z.B. Chef (OB Kerndt) und Angestellter (Geschäftsführer Böhme) im vertrauten „Du“, was durchaus einen Interessenkonflikt entstehen lässt. Der bevorstehende Renteneintritt des derzeitigen Geschäftsführers wird eine positive Entwicklung des Verbandes mit Sicherheit aber nicht behindern.
Verärgert verbleibt Heiko Frey, der erst vor ein paar Wochen die Feuerwehr zum Auspumpen seiner Garage bemühen musste, weil der AZV mit seiner Aufgabe, der Ableitung von Regenwasser, überfordert war.