Warum ein Ortschaftsrat in Dippoldiswalde?
Zur Vorabinformation auf den Tagesordnungspunkt 5 der morgigen Stadtratssitzung lesen Sie bitte folgendes Interview:
Harald Weber: Herr Frey, am kommenden Mittwoch beraten die Dippser Stadträte über einen eigenen Ortschaftrat für die Kernstadt von Dippoldiswalde. Von Ihnen kam der Vorschlag dazu. Was bewog Sie zu diesem Vorschlag?
Heiko Frey: Ausschlaggebender Punkt war, als der Stadtrat im Juni über die Brunnengebühr beriet. Damals legte die Stadtverwaltung eine Beschlussempfehlung vor, bei der die Interessen der Bewohner der Kernstadt von Dipps unbeachtet blieben.
H.W.: Das hat sich ja inzwischen geklärt. Einerseits folgte der Trinkwasserzweckverband dieser Empfehlung nicht und zum Zweiten sahen sowohl der Oberbürgermeister als auch das Landratsamt bei dieser Frage keine rechtlichen Bedenken.
H.F.: Dass der Trinkwasserzweckverband die Brunnengebühr einführen wird, dürfte im Interesse vieler Bewohner des Stadtzentrums sein. Wenn der Oberbürgermeister und das Landratsamt keine rechtlichen Bedenken zu erkennen vermögen, so denken Sie bitte auch daran, dass gerade in letzter Zeit einige Gesetze vom bundesdeutschen Verfassungsgericht gekippt wurden, wo bis dato auch kein Politiker rechtliche Bedenken hatte.
H.W.: Zurück zum Dippser Ortschaftsrat: Welche Vorteile sehen Sie darin?
H.F.: Ursprünglich wurden die Ortschaftsräte ins Leben gerufen, um die Interessen der kleinen „Randgemeinden“ bei der Stadtpolitik besser beachten zu können. Betrachtet man die Herkunft der derzeitigen Stadträte, ist dies auch notwendig. Die Ortsteile Berreuth und Elend z.B. haben keinen eigenen Vertreter im Stadtrat. Aber Paulsdorf, wo nur ca. 5% der Einwohner von Dippoldiswalde wohnen, ist mit fast 20% im Stadtrat (ohne den zusätzlichen Ortschaftsrat) vertreten!
Die Ortschaftsräte besitzen ein Rederecht in den Stadtratssitzungen und können daher zusätzlich die Interessen der Ortschaften vertreten. Diese zusätzliche Möglichkeit haben die Bewohner der Kernstadt nicht, Ihnen fehlt hier eine demokratische Instanz gegenüber den Ortschaften.
Durch die notwendige Auseinandersetzung mit den eigenen Problemen besteht in den Ortsteilen eine festere Bindung der Bewohner zu ihrem Wohnumfeld UND es besteht die Bereitschaft zu mehr Engagement im Wohnbereich.
H.W.: Aber der organisatorische Aufwand?
H.F.: … würde sich durchaus nicht nur im Stadtbild rentieren, nein den organisatorischen Aufwand könnte man auch in ganz konkreten Zahlen festmachen. So organisieren z.B. die Vereine in den Ortschaften die jährlichen Höhepunkte von Dorffest bis zur Weihnachtsfeier. Beim Stadtfest zahlt die Verwaltung, d.h. der Steuerzahler, den Großteil der Rechnung. Derzeit dürfte es sich hier um eine gute fünfstellige Summe handeln. Mit einem Ortschaftsrat in der Kernstadt besteht die Chance, hier Strukturen aufzubauen, die sowohl die Verwaltung als auch das Stadtsäckel entlasten.
H.W.: Und wann sollte eine Wahl des Ortschaftsrates erfolgen?
H.F.: Parallel zur Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr.
H.W.: Aber die Hauptamtsleiterin Frau Hoffmann beziffert die Kosten hierfür auf ca. 10.000,- Euro?
H.F.: Frau Hoffmann lässt in ihrer Antwort offen, ob die genannten 10.000,- Euro für eine eigene und separate Wahl oder eben eine Wahl parallel zur Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr stehen.
Sollte es der Stadt ausschließlich um die Kosten gehen, so plädiere ich für eine Abschaffung auch der anderen Ortschaftsratswahlen. Dann könnte man nach Einschätzung von Frau Hoffmann ungleich mehr Geld einsparen.
H.W.: Aber lohnt es sich überhaupt, für eine halbe Wahlperiode noch einen eigenen Ortschaftsrat zu bilden?
H.F.: Die Ortschaftsräte agieren im gleich Zeitraum wie auch der Stadtrat. Dessen Wahlperiode geht bis 2014, zum Zeitpunkt der kommenden Bürgermeisterwahl 2011 also noch fast genau 3 Jahre.
Entsprechend Ihrer Fragestellung stellt sich mir nun die Frage, ob eine halbe Wahlperiode auch für die Stadträte lohnenswert wäre. Diese Frage, ob eine halbe Wahlperiode sinnvoll ist, könnte man auch den gewählten und amtierenden Stadt- oder Ortschaftsräten stellen. Und falls eine Mehrheit dies infrage stellen sollte, müsste man ja bereits jetzt Neuwahlen ansetzen.
H.W.: Vielen Dank für das interessante Gespräch.