Straßenausbaugebühren abgeschafft!
Dies ist wohl eine der wichtigsten Meldungen aus einer sehr turbulenten Stadtratssitzung am heutigen Mittwoch. Ja, die Straßenausbaubeiträge wurden heute durch Beschluss der Stadträte mit knapper Mehrheit abgeschafft.
Wie es dazu kam, bleibt den Beteiligten selber sowie den anwesenden Bürgern wohl durchaus lange in Erinnerung:
- Als erstes muss wohl erst einmal berichtet werden, dass mit Sten Scannewin ausgerechnet ein Stadtrat aus Ulberndorf gefehlt hat. Der Einzige, der an diesem denkwürdigen Tag fehlte, alle anderen Stadträte waren anwesend.
- Während in der Literatur der Spannungsbogen in der Regel langsam bis zum Höhepunkt der Handlung ansteigt, kam die Katastrophe für Oberbürgermeister Ralf Kerndt gleich zum Anfang. Die Stadträte fühlten sich angeblich aufgrund der anwesenden und kritischen Bürger mental unter Druck gesetzt und aus diesem Grund würde er jetzt gern eine geheime Abstimmung über die Straßenausbaugebühren festlegen wollen. Nachdem aber lediglich 3 der 22 Stimmberechtigten dies auch so sahen, verlor der Bürgermeister seine Beherrschung und fauchte die CDU-Stadträte giftig an. Sie hätten dies explizit gewünscht. CDU-Fraktionsvorsitzenden Karl-Heinz Ukena widersprach dieser Behauptung, eben mit dem Hinweis auf sein Amt als Sprecher der CDU – und lies somit Ralf Kerndt wie ein kleines bockiges Kind aussehen.
Da es aber doch seitens der CDU Bestrebungen für eine nichtöffentliche Abstimmung gegeben haben soll, machte wiederum den Unabhängigen Bürger Falk Kühn-Meisegeier wütend. Man werde dies bei künftigen Absprachen mit dieser Partei nun beachten. - Die CDU rechnete nun vor, dass mit einer 1%igen Einsparung bei den Personalkosten im Rathaus in den nächsten 10 Jahren ein Vielfaches von dem gespart werden könne, über das man nun gerade diskutiere. “Milchmädchenrechnung” – entgegneten die Befürworter der Gebühren.
- Oberbürgermeister Ralf Kerndt las nun den Brief eines besorgten Bürgers vor, der sich ausgerechnet für den Beibehalt der Straßenausbaugebühren aussprach. Dabei wirkte er schon ziemlich hilflos und nicht gerade souverän.
- Edith Post von den Linken schloss sich wie immer mal wieder der Meinung eines Vorredners an. Gisela Wohlgemuth (SPD) zitierte das Grundgesetz, wonach Eigentum verpflichte. Stadtrat Jürgen Uhlemann wünschte sich lieber die Solidargesellschaft des Staates und einen Rettungsschirm für Straßen. In Liebstadt würde man auch Haushaltprobleme haben, freute sich der bekennende SZ-Leser Ralf Kerndt einflechten zu können. Außerdem wurde durch ihn der Begriff „gefühltes Unrecht“ in die Nähe der Straßenausbaubeiträge gebracht.
- Die Unterlagen, die den Stadträten als Entscheidungsgrundlage präsentiert wurden, waren anscheinend äußerst missverständlich – eben beamtendeutsch, undurchsichtig, nicht verständlich. Viele Stadträte, die dies auch offen monierten und einzelne Auszüge und Passagen nicht verstanden, fragten daher nach: Vorlagen stimmten nicht mehr überein, Themen würden vermischt, neue Beschlussvorlagen kämen absolut überraschend, usw. Als dann auch die Verwaltung nicht mehr durchzublicken schien, vereinbarte man erst einmal eine 5-minütige Pause.
Das Unverständnis der Gäste und Besucher über die Arbeit der Verwaltung konnte in diesem Moment kaum mehr größer sein.
Nach dieser Auszeit stimmte man schnell und recht emotionslos ab. Die Mehrheit der Räte, die gegen die Gebührensatzung votierten, war zwar sehr knapp – die über 100 anwesenden Bürger freute das Ergebnis jedoch sichtlich.
Februar 10th, 2011 at 22:28
man sollte den Willen der Mehrheit nun auch wirklich mal akzeptieren … habe gerade online in der SZ von morgen gelesen, dass es offensichtlich einen Formfehler in der Abstimmung gegeben habe … fängt jetzt wirklich alles wieder von vorne an …
Zitat aus der SZ: “Doch offenbar lief bei der Abstimmung am Mittwoch nicht alles so, wie es hätte laufen müssen. Es ist die Rede von einem Formfehler, der nicht behoben werden kann, sodass der Beschluss als unrechtmäßig zustande gekommen gilt, heißt es dazu aus dem Rathaus.”
….”22 Stadträte einschließlich Bürgermeister nahmen an der Abstimmung teil. 13 stimmten gegen die Satzung, neun dafür, sie beizubehalten. Soweit geht die Rechnung auf. Doch bei der zweiten Abstimmung zur Satzungsänderung soll mindestens ein Stadtrat nicht mitgestimmt haben, weil er, aus welchen Gründen auch immer, von der Abstimmung nichts mitbekommen habe. Außerdem wurden offenbar die nicht gezählt, die sich der Stimme enthielten.
Wie auch immer, Genaueres wird jetzt geprüft. Es deutet aber alles darauf hin, dass noch einmal abgestimmt werden muss.”
Februar 11th, 2011 at 09:29
Hier ein Mitschnitt der besagten zweiten Abstimmung:
http://www.frm-online.de/default.aspx?ID=3197
Februar 11th, 2011 at 10:55
Damit sieht man wie unfähig der jetzige Stadtrat eigentlich ist. Verantwortung tragen können manche nicht. Damit macht man sich nicht vertrauenswürdig sondern nur noch lächerlich! Und dann noch Beschweren : Man ist zu kritisch mit den Stadträten. Die sollten sich mal wirklich Fragen : Warum sie eigentlich dort sitzen!
Februar 11th, 2011 at 12:18
Bei “dem einen” Stadtrat, weil er, aus welchen Gründen auch immer, von der Abstimmung nichts mitbekommen habe (???) unterstelle ich einfach mal gestellte Dummheit! Damit wird undemokratisch versucht, die nach langem Hin und Her vollzogene Abstimmung mit eindeutigem Ergebnis gegen die Straßenausbausatzung absolut primitiv zu untergraben. Meine zweite Unterstellung: dieser Stadtrat MUSS aus der UB-Fraktion kommen oder von denen die schon immer keine eigene Meinung zu wichtigen Sachthemen hatten Man hat sicherlich im Nachhinein mit demjenigen gesprochen…
Ich als Dippser schäme mich für die betreffenden unmöglichen Stadträte und den absolut unfähig agierenden OB!! Was für eine tolle kommunalpolitische Außenwirkung des ‘Tores ins Osterzgebirge’. Danke dafür!
Einfach nur schlimm, die Verantwortlichen für diesen Vorgang gehören aus ihrem Ehrenamt rausgejagt!
Februar 12th, 2011 at 11:23
Nicht schon wieder neue Ungerechtigkeiten!
Alle Betroffenen aus den letzten Jahren sind sicher hocherfreut, dass die Straßenausbausatzung – insbesondere die rückwirkende Anwendung auf Baumaßnahmen aus den 90èr Jahren – nunmehr keinen Bestand mehr hat. Die Erklärung der Verwaltung durch den OB R. Kerndt wird diese Freude bei Einigen natürlich trüben. Man will nur zurückzahlen, wenn man unter Vorbehalt gezahlt hat oder in Widerspruch gegangen ist. Damit setzt die Verwaltung unserer Stadt die Kontinuität hinsichtlich einer ungerechten Abwicklung der Beitragserhebung nahtlos fort.
Wie wir alle wissen, wurden die sächsischen Kommunen gezwungen, eine Straßenausbausatzung zu erlassen und sogar rückwirkend Beiträge einzutreiben. Damit war eine Verhinderung dieser Beiträge so gut wie aussichtslos und für die Widersprechenden sehr kostenintensiv. Erst nachdem es den Kommunen dann plötzlich freigestellt war Straßenausbaubeiträge zu erheben oder eben auch nicht, gab es wirklich einen Weg, diese zum Teil enormen Belastungen zu vermeiden. Vorreiter war damals die Stadt Dresden.
Aufgrund dieser sich verändernden Gesetzeslage haben sich sicher viele Betroffene überlegt, ob sie in Widerspruch gehen oder überhaupt versuchen, dagegen vorzugehen. Jetzt will man nun ausgerechnet die Bürger, die in Vertrauen auf Gesetz und Gleichbehandlung gezahlt haben, benachteiligen, indem sie von Rückzahlungen ausgeschlossen werden. Das ist wieder eine Ungleichbehandlung! Ich fordere den OB auf, von Amtswegen alle Beiträge, die nunmehr nicht mehr satzungskonform sind – ohne wenn und aber – zurückzuzahlen. Sollte die Verwaltung unserer Stadt dies nicht durchsetzen, dann fordere ich den Stadtrat auf, einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen!
Februar 14th, 2011 at 11:15
Nach der Erklärung der Stadtverwaltung zu infragekommenden Rückzahlungsempfängern der stornierten Straßenausbausatzung, empfehle ich interessierten Bürgern folgenden Musterbrief für zukünftige Probleme an die Stadtverwaltung zu senden:
M. Mustermann Datum
Musterstraße 1
01744 Dippoldiswalde
Stadtverwaltung Dippoldiswalde
Markt 2
01744 Dippoldiswalde
Generalerklärung zu Zahlungen unter Vorbehalt
Sehr geehrte Damen und Herren,
bitte nehmen Sie folgendes Schreiben in Ihre Akten auf!
In Hinsicht auf die in der SZ publizierte Einstellung der Stadtverwaltung Dippoldiswalde zu den Rückzahlungen von Straßenausbaubeiträgen nach Satzungsänderung möchten/n Ich/wir vorsorglich für zukünftige Beiträge, Steuern, Nutzungsentgelt und Gebühren gegenüber der Stadtverwaltung Dippoldiswalde folgende Erklärung abgeben:
Ich/wir leisten diese veranlagten oder berechneten o.g. Beträge nur noch
unter dem Vorbehalt
einer eventuell nachfolgenden gerichtlichen oder kommunalrechtlichen Nachprüfungen und Änderung, eventueller nachfolgenden Satzungsänderungen, eventuell nachfolgenden Beschlüssen des Stadtrates oder fehlerhaft zustande gekommene Veranlagungen, die die o.g. Abgaben betreffen und für mich/uns zum Nachteil führen könnten.
Mit freundlichem Gruß
M. Mustermann