Ein neues Klangerlebnis durch Weltklasse-Saxophonisten
Unterhaltsam, leicht, locker, ins Ohr gehend begann das Raschèr-Saxophon-Quartett den zweiten Abend des 33. Jahrganges von „Meisterinterpreten im Gespräch“. Der völlig unbekannten Gebrüder Jeanjean Komposition war ein vielversprechender Auftakt. Anschließend musizierten die drei Amerikaner mit der Deutschen, die ein etwa 80jähriges Sopransaxophon mit Trichter blies, am 1. Pult, drei Contrapuncti aus Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“. Man mußte kein Freund von Bachs Inventionen und Fugen sein, um zu erkennen, daß das hinreißend gelang. Gleichberechtigte boten in größter Homogenität klangvoll ein ausdrucksstarkes Einzelstimmen- und Zusammenspiel höchster Plastizität. Als das Werk bei Nr. 14 abbrach, wußte jeder im Saal, daß er nach Beethovens letzter Sonate und Schuberts „Winterreise“ die letzten Noten hörte, die Bach schrieb. Ein Meisterstück an Gestaltungskraft!
Das Oboenkonzert KV 370 Mozarts war eine exzellente Übertragung. Die zumeist melodieführende Sopran-Saxophonistin mit ihrem ebenso nobel tönenden Altkollegen und den „grundierenden“ tiefen Stimmen servierte dem Publikum Klangschönheit, die ebenso der Flöte (Spitzentöne) und Klarinette nahe Töne einschloß. Man hörte im Vorraum kaum, daß Saxophonisten spielten.
Das Hauptwerk des Abends, Glasunows Quartett für vier Saxophone aus dem Jahre 1932 war ein vielgliedriges, im Mittelteil variationsreiches zeitgenössisches Stück, das mit spätromantischem und dem Neobarock nahen Inhalt in klassischer Form unterhielt und viele Klangmöglichkeiten erschloß, ohne nachhaltiger zu bewegen. Wenn Händel die breiten Schlüsse liebte: die warmen, volltönenden Glasunows kamen den Raschèrs sehr entgegen.
Ganz anders die herrliche Zugabe, die 23. Fuge aus dem zweiten Teil des „Wohltemperierten Klaviers“, welche die großartigen Bachinterpreten zu einem dankensweren Hörerlebnis werden ließen.
Der Altsaxophonist moderierte den Abend in perfektem Deutsch nicht nur bildungswirksam, indem er zum Beispiel zum Thema „Rondo“ knapp, aber klar definierte, sondern wirkte auch auf einige ungezügelte offensichtliche Nicht-Stammhörer erzieherisch ein.
-ng
Anmerkung: | Der Musikverein beschenkte das internationale Quartett mit vier das Saxophon spielenden Osterhasen – laut Programmheft eine Sonderanfertigung der erzgebirgischen „Mann’lmacher“. |