Merkt doch Keiner!
von Mirko Mitschke
Unter diesem Motto reichten 171 deutschsprachige Karikaturisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz über 600 Arbeiten zum diesjährigen 12. Deutschen Karikaturenpreis an die Jury ein. Der Deutsche Karikaturenpreis gehört zu den bedeutendsten seiner Art im deutschsprachigen Raum und wird seit dem Jahr 2000 jährlich von der Sächsischen Zeitung vergeben. Zu den Jurymitgliedern gehörten u.a. der Schauspieler und Kabarettist Wolfgang Stumph, der Vorjahressieger Rudi Hurzlmeier aus Bayern sowie Peter Ufer, leitender Redakteur der Sächsischen Zeitung.
Am 6. November um 11 Uhr wurde nun im Dresdner Schauspielhaus der mit 10.000,00 € dotierte Deutsche Karikaturenpreis vergeben. Unterhaltsam moderiert wurde die Preisverleihung vom Dortmunder Kabarettist Bernd Gieseking. Musikalisch feinste Unterlegung boten Christian von Richthofen und Rolf Clausen, die mit ihrer Vocal-Percussion-Show “AutoAuto!” eindrucksvoll demonstrierten, was mit Altautos rhythmisch machbar ist.

Auch ein ABV war an der Würdigung der Preisträger beteiligt, kam aber mit sich und Gaddafi nicht so richtig zurecht
- Merken wir die durch Profitgier bedingte katastrophale Zerstörung der Umwelt mit damit verbundenem Wetter- und Klimawandel überhaupt noch?
- Merken wir; dass aus Fukushima FUDSCHIKATO wird?
- Merken wir, dass der Rettungsschirm vom Rettungsschirm nur für die Machthabenden ist?
- Merken wir noch, dass der ehrliche kleine Bürger für den ganzen Irrsinn dieser Welt zahlen muss?
- Merken wir, dass wir trotz Arbeit immer ärmer werden?
- Merken wir, dass Gott eigentlich nur noch gelangweilt in seinem Sessel sitzt und täglich den TAG EIN/TAG AUS-Schalter betätigt?
Merkt doch Keiner! Oder?
Die Karikaturisten jedenfalls deckten mit Leidenschaft Dinge auf, die andere unter den Teppich kehren wollten: die Probleme mit dem Volk, Ölpest und Finanzlöcher, dass untergeschobene Kind, die abgeschriebene Doktorarbeit und und und…
Gewinner des diesjährigen Karikaturenpreises ist der Erfurter Zeichner Nel (Ioan Cozacu). Der gebürtige Rumäne konnte die Jury mit seinem göttlichen Werk “Tag ein, Tag aus” überzeugen. Wer sich den dazugehörigen Katalog mit den auf 140 Seiten besten eingereichten Arbeiten (für 15,80 € im Buchhandel oder über www.editionsz.de erhältlich) zu Gemüte führt, wird schnell feststellen, dass die Auswahl einer der Werke für den ersten Preis eine ungeheuer schwere Aufgabe für die Jury war. Für mich z.B. ist der Banküberfall von POLO, bei der der Gangster eine abgesägte Schrotflinte bei sich hat und der freundliche Bankangestellte ihm erklärt: “Abgesägte Schrotflinte ist schon richtig – aber Sie haben die falsche Hälfte mitgebracht!” der absolute Renner.

Karikaturenpreis 2011: Abgesägte Schrotflinte von POLO
Etliche andere Karikaturen hätten es ebenso verdient, für den geflügelten Bleistift in Gold ausgewählt zu werden – ohne dabei das Göttliche Werk von Ioan Cozacu abzuwerten, welches ich auch einfach toll finde. Ilse Bähnert mit ihrem Wäschekorb und der Papst mit Ratzefummel (beide Tom Pauls) würdigten die Preisträger und erklärten die jeweiligen Karikaturen auf ihre herrlich komische Art. Zweiter und dritter Preisträger sind Nicolas Mahler und Regge von Schulzenhof. Als dann einer der Großen der deutschen Karikatur auf die Bühne gebeten wurde, um für sein Lebenswerk den Ehrenpreis zu erhalten, wusste ich dann auch, wer die ganze Zeit neben mir gesessen hatte: Fritz Weigle Bernstein.
Merkt doch Keiner!
Der Katalog und die noch bis zum 15. Januar 2012 im Dresdner Haus der Presse stattfindende Ausstellung dazu kann nur empfohlen werden, um über die Peinlichkeiten und den Blödsinn in dieser Welt zu lächeln oder einfach mal nach zu denken.