Rechtliche Änderungen für Waldwege
Im Zuge mit den Diskussionen zur Notwendigkeit der Baumfällungen in der Birkenleite plant die Stadt Dipps nun Veränderungen für die Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten. Im Amtsdeutsch heißt dies: Die Wege sind/ werden “öffentlich gewidmet” oder eine bereits bestehende “Widmung wird eingezogen” – der Weg wird also wieder entwidmet.
Mit diesem Thema beschäftigte sich der Dippser Haupt- und Verwaltungsausschuss in seiner Sitzung im Januar. Die entsprechende Beschlussvorlage finden Sie hier. In der Anlage zur Beschlussvorlage befand sich eine Übersicht über den Zustand und die Bewertung von 11 Waldwegen im Stadtgebiet. Die Birkenleite findet sich allerdings nicht unter diesen bezeichneten Wegen wieder. Eine Nachfrage der StattZeitung im Rathaus ergab, dass dieser Wanderweg bisher auch nicht öffentlich gewidmet war.
Über die Beratung im Hauptausschuss informierte uns Oberbürgermeister Ralf Kerndt, dessen Information wir hier gern unbearbeitet wiedergeben möchten:
Einziehung von Waldwegen
In der Beratung des Haupt- und Verwaltungsausschusses am 25. Januar 2012 wurde dieser Sachverhalt im Beisein der Ortsvorsteher und Ortswanderwegewarte diskutiert.
Ausgangspunkt der Diskussion über das Warum der Widmung von Waldwegen waren die zahlreichen Baumfällungen in der Birkenleite Anfang dieses Jahres und die damit verbundenen Fragen nach deren Notwendigkeit.
Darlegung des Unterschiedes zwischen Einziehung und Widmung zum jetzigen Status Quo.
Widmung
Mit der Widmung eines Weges als öffentlichen Weg regelt sich dessen rechtliche Beurteilung ausschließlich nach dem Sächsischen Straßengesetz (SächsStrG). Der Weg gilt dann als öffentlicher Bereich und nicht als Waldfläche. Somit muss er als öffentlicher Weg auch allen Erfordernissen dieser Rechtsnorm an öffentliche Straßen gerecht werden. Dies beinhaltet vor allem erhöhte Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten und erhöhte Haftungsansprüche.
Derzeit gelten die Wege als öffentliche Wege i. S. d. SächsStrG, die für öffentliche Straßen und Wege typische Unterhaltungslast und Verkehrssicherungspflicht trägt komplett der Baulastträger, also die Stadt.
Einziehung
Wird die Widmung eingezogen, gilt der Weg als reiner Waldweg und seine rechtliche Beurteilung richtet sich allein nach dem Sächsischen Waldgesetz (SächsWaldG). Dort ist sowohl das allgemeine Betretungsrecht verankert, als auch die eingeschränkte Haftungsverantwortung des Waldbesitzers geregelt.
Sofern eine Einziehung erfolgt, gelten die Wege als Waldwege i. S. d. SächsWaldG. Unterhaltungslast und Verkehrssicherungspflicht trägt der jeweilige Waldbesitzer, wobei die Unterhaltunglast grundsätzlich auf die Sicherstellung und Gewährleistung des Betretungsrechtes (Begehbarkeit und Zugängigkeit) abzielt und die Verkehrssicherungspflicht nur auf atypische Gefahren beschränkt ist.
Es sollte nicht der Anschein erweckt werden, dass Wege dem Wald überlassen werden und in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen.
Mit der Einziehung geht nur der Status der öffentlichen Straßenfläche verloren. Der Waldweg bleibt jedoch weiter bestehen, das Wanderwegenetz wird dadurch nicht reduziert.
Im Rahmen des Waldgesetzes ist der Waldbesitzer verpflichtet, den Wald im Rahmen seiner Zweckbestimmung zu bewirtschaften und zu unterhalten (§ 16 SächsWaldG). Zur Zweckbestimmung des Waldes zählt auch die Erhaltung der Bedeutung für die Infrastruktur und die Nutzung zur Erholung der Bevölkerung (§ 1 SächsWaldG). Dabei ist ein Waldbesitzer sogar grundsätzlich verpflichtet, Waldwege anzulegen und zu unterhalten (§ 21 SächsWaldG).
Die Einziehung der Wege hat also nicht zur Folge, dass die Wege fortan nicht mehr genutzt werden können und nach und nach verloren gehen.
Beachtung der touristischen Belange und Ausschluss von Bedenken
Da aus o. g. Gründen nicht von einer Sperrung der Wege für die Öffentlichkeit bzw. einer künftig entfallenden Nutzbarkeit gesprochen werden kann, sondern durch die Einziehung lediglich die maßgebliche Rechtsgrundlage wechselt, sind touristische Belange nicht beeinträchtigt. Die Wege bleiben weiterhin erhalten und für jedermann zugängig. Alle bleiben auch weiterhin im Wanderwegenetz aufgeführt.
Wege mit erhöhter infrastruktureller Bedeutung oder einem über den allgemeinen Wunsch zur Nutzung des Waldes zum Zwecke der Erholung hinausgehendem Interesse, wurden bei der Beurteilung bereits berücksichtigt und nicht zur Einziehung vorgeschlagen. Ebenso wurden alle Wege unberücksichtigt gelassen, die letztlich nicht durch das Wald- oder Naturschutzgesetz abgedeckt sind und wo somit die Gefahr besteht, dass deren Nutzungsmöglichkeit künftig nicht mehr gesichert werden kann.
Pflege und Unterhaltung der Waldwege bisher und in Zukunft
bisher:
- Unterhaltungslast nach SächsStrG beim Baulastträger (Großen Kreisstadt Dippoldiswalde)
- Unterhaltungs- und Verkehrssicherungsmaßnahmen wurden in der Vergangenheit aus Kostengründen kaum als regelmäßige Maßnahme, sondern nur im Rahmen der Notwendigkeit durchgeführt- Auftrag an den Forst
- Unterhaltungsmaßnahmen tlw. auch durch Waldbesitzer im Rahmen der allg. Waldbewirtschaftung, jedoch dann nicht unter dem Blickwinkel der Verkehrssicherung und im Streitfall wird dennoch die Stadt haftbar gemacht
- Für die Zukunft ist daher unter den Zwangspunkten des SächsStrG mit steigenden Unterhaltungs- und Verkehrssicherungsmaßnahmen und erhöhtem Kostenaufwand zu rechnen (vgl. Problematik Birkenleite)
- Anderenfalls steigendes Haftungsrisiko bei Schadensersatzansprüchen
künftig (nach Einziehung):
- Unterhaltungslast und Verkehrssicherungspflicht nach SächsWaldG nur eingeschränkt zu Lasten des Waldbesitzers, gilt nur für atypische Waldgefahren
- Typische Gefahren (herabstürzende Aste, mangelnde Standsicherheit einzelner Bäume, etc.) sind aufgrund einer Waldbenutzung auf eigene Gefahr nicht Haftungsgrundlage
- Unterhaltungs- und Verkehrssicherungsmaßnahmen nur im Rahmen der Walderhaltung und Sicherstellung der Zweckbestimmung
Die Beschlussfassung zur Einleitung des Verfahrens ist für die Stadtratssitzung im März vorgesehen.
Im Rahmen der darauf folgenden 3-monatigen Auslegung besteht die Möglichkeit, Anregungen, Hinweise und Änderungen einzubringen. Daran schließt sich eine Abwägung eingegangener Hinweise und Bedenken an und abschließend erfolgt die Bestätigung durch den Stadtrat.
In der Diskussion wurden Bedenken geäußert zu den beabsichtigten Entwidmungen. Die Stadträte und Ortswegewarte sehen im Status „Widmung“ die beste Möglichkeit zum Erhalt der Wander- und Waldwege.
Es wurde die Schaffung eines Wegeregisters mit konkreten Angaben, wie z. B. Verlauf, Länge, Eigentümer, Verantwortlichkeiten, notwendiger Unterhaltungsaufwand, angeregt.
Es sollte sensibel bei der Auswahl der Entwidmung vorgegangen werden. Dabei ist u. a. die starke Frequentierung der Wege zu beachten.
Vor überhasteten Entscheidungen wird seitens der Stadträte gewarnt.
Der Oberbürgermeister regt an, dass die Ortschaftsräte diese Thematik in die Tagesordnung ihrer nächsten Sitzungen aufnehmen sollten, um vor Ort mit den Bürgern darüber beraten zu können.
Februar 8th, 2012 at 10:01
Am heutigen Mittwoch nimmt sich auch die Sächsische Zeitung diesem Thema an. Leider wieder nur im passwortgeschützten Bereich:
http://www.sz-online.de/Nachrichten/Dippoldiswalde