130 Jahre Weißeritztalbahn
von Mirko Mitschke
Sommer 2013. Ein Reisebus holt in Dresden vor einem Hotel zahlreiche Touristen ab. Engländer, Japaner, vielleicht auch einige Amerikaner sind dabei. Viele davon begeisterte Eisenbahnfans. Die Fahrt geht nach Hainsberg, wo schon der Dampfzug der Weißeritztalbahn zur romantischen Fahrt durch den Rabenauer Grund bis hinauf nach Kipsdorf wartet. In Kipsdorf angekommen, lädt der Reisebus die Touristen wieder ein und fährt sie nach Altenberg. Hier erfolgt in einer Gaststätte ein gemeinsames Mittagessen und anschließend die Besichtigung entweder der Bobbahn, des Schaubergwerks oder der Altenberger Kräuterlikörfabrik mit Verkostung des Gebirgsbitters. Die Rückfahrt erfolgt im historischen Altenberger Wagen der Müglitztalbahn. Im Museumsbahnhof Bärenstein erfolgt ein Zischenstopp. Hier kann das Vereinseigene Museum des Fördervereins für die Müglitztalbehn besichtigt werden, evtl. mit Kaffeetrinken. In Heidnau wird die weitere Rückfahrt bis Dresden mit einem Raddampfer der Weißen Flotte unternommen. Der Reisebus bringt die Touristen dann wieder zurück ins Hotel. Ein erlebnisreicher Tag mit der Fahrt auf zwei historischen und landschaftlich reizvollen Eisenbahnstrecken verbunden mit wissenswerten aus der Bergbaustadt Altenberg und Dampferfahrt geht zu Ende. Aber halt! Das Ganze muss ich irgendwie geträumt haben…
So romantisch ist die Fahrt mit der Weißeritztalbahn gegenwärtig doch gar nicht. Der Rabenauer Grund ist vom Junihochwasser teilweise immer noch zerstört und gesperrt. Die auf Niedrigwasser getrimmte Talsperre Malter bietet mit wildromantischen Gewächsen an Ufern, im Tännichtgrund und auf den künstlich aufgeschütteten Dreckinseln einen grausigen Anblick. In und ab Dipps geht die Fahrt durch an Kriegszustände erinnerde Ruinengebiete.
In Kipsdorf lädt nur noch das schön hergerichtete Bahnhofsgebäude zum kurzen Verweilen ein. Das dahingammelnde Bahnhofsgelände und die benachbarte Ruine der Tellkoppe sind wahre Aushängeschilder des einstigen Kurortes Kipsdorf. Und die Rückfahrt mit der Müglitztalbahn kann auch nur mit dem Triebwagen erfolgen. Der Förderverin ist zerschlagen, der Altenberger Wagen steht zum Verkauf, was aus dem Museumsbahnhof Bärenstein wird…
Ach so. Hätte ich fast vergessen. Zwischen Dipps und Kipsdorf fährt seit dem Augusthochwasser 2002 nun schon stolze 11 Jahre auch kein Zug mehr. Zum Glück. Touristen wird somit viel erspart. Und Hausbesitzer freuts auch. Bleiben doch ihre Hausfassaden von den alten, qualmenden, stinkenden und rußenden Dampfloks verschont. Also alles halb so schlimm. Auch ich bin froh. Ich brauch mir, wie viele nadere auch, keine Gedanken mehr darüber zu machen, was lohnenswert wäre, die Bahn mal wieder bis Kipsdorf fahren zu lassen oder muß mich nicht mit irgendwelchen Demos oder Mahnwachen rumärgern. Es kommt doch eh keiner bis Kipsdorf… Wir nehmen doch alles ohne großes Beauern hin!
130 Jahre alt ist sie mittlerweile, die dienstälteste Schmalspurbahn Deutschlands. Am 30. Oktober 1882 wurde sie bis Schmiedeberg und am 3. September 1883 bis Kipsdorf eröffnet. Ihre große Bedeutung für den Güter- und Berufsverkehr hat sie längst verloren. Als Ausflugsbahn hat sie speziell an den Wochenenden und Feiertagen noch große Bedeutung. Noch! Insgesamt sind die Fahrgastzahlen rückläufig…