Großbrand in Berreuth
von Jakob Baumung
In Berreuth, einem heutigen Ortsteil von Dippoldiswalde, stand bis 1947 das Schloß. welches dem Freiherr Moritz Pergler von Perglas gehörte.
Hochverschultet mußte der Freiherr den Besitz dem Bankhaus Arnold in Dresden überlassen, welcher vor dem zweiten Weltkrieg dem Stiefsohn der Familie Arnold, Herrn Lindenhayn, übergeben wurde.
Frau Lindenhayn verließ kurz nach der Demokratischen Bodenreform Berreuth und ihr Besitz gehörte jetzt dem Volk. Flüchtlingsfamilien zogen in das Schloß ein sowie kostbare Möbel erhielten Umsiedler, die als Neubauern mit ihren Familien wieder säßhaft werden konnten.
Der ehemalige adlige Besitz unterstand keiner strengen Verwaltung. In dem Parkgelände wurden Kleingärten eingerichtet, es war Spielplatz für die Kinder, auch Bauplatz für Neubauerngehöfte sowie Weidefläche.
Der Sommer 1947 war sehr heiß und regenarm. Die Wiesen wurden grau. In dem Reichstädter Bach floß über Wochen kein Wasser mehr und Trinkwasser gab es wenig. Es war Ende August und keine Wetteränderung in Sicht.
Kurz nach Mitternacht zum 27. August wachte ich auf, bedingt durch die ungewöhnliche Helligkeit im Rittergutshof und im Schlafzimmer. Meine Geschwister waren bereits wach. Wir sprangen aus den Betten und schauten aus den offenen Fenster auf das Schloß. Es brannte lichterloh. Die Flammen drangen bereits durch das Dach, etwa zehn Meter entfernt von dem Seitengbäude, in dem wir an den Fenstern in der ersten Etage standen. Das Feuer erleuchte den Hof. Ich stand fassungslos am Fenster, bekam große Angst und war schockiert.
Die Berreuther kamen schnell auf die Beine. Sirenen heulten in allen Himmelsrichtungen. Auf dem Gutshof ging es hektisch zu. Wagen rollten heran. Sachen und Möbel aus den Seitengebäuden wurden aufgeladen. Feuerwehren trafen ein, legten die Schläuche aus, aber fanden kein Wasser. Schloßteich und der Bach waren ausgetrocknet. Im Hofgelände war es gespenstig ruhig. Alle schauten in Richtung Schloß und auf den Turm. In welche Richtung fällt dieser? Die Situation war sehr angespannt. Der Turm kam in Bewegung und neigte sich anfangs langsam und in Längsrichtung des Gebäudes und sogar zur Teichseite. Die Turmspitze samt Kugel krachte wenig später in die Teichgrube – welch ein Glück für unser Gebäude!
Die Sommernacht war lau und windstill. Den Rauch trieb es ganz leicht in Richtung Süden in das Parkgelände. Die Feuerwehrleute hatten inzwischen die Schläuche in einen Brunnen legen können und hielten hofseits die Flammen klein. Sie bespritzen die Dächer der Nebengebäude mit ausreichend Wasser. Die Kinder des Ferienlagers, welches im Schloß einquartiert war, entkamen der Katastrophe und wurden in kurzer Zeit ihren Eltern oder Berreuther Familien übergeben. Mit Tagesanbruch stand das Feuer unter Kontrolle. Das Schloß gab es nicht mehr, Es standen nur noch die Grundmauern mit den Fenster- und Türöffnungen zu dem Erdgeschoß.
Brandstiftung oder nicht? Dazu gab es nie eine konkrete Antwort.