Gentechnikfreie Landwirtschaft in unserem Landkreis?
Im Rahmen der „Tage des ländlichen Raumes“ fand am heutigen Sonntag eine äußerst interessante Diskussion statt, Thema: „Gentechnik im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge“.
Anlass für diese Diskussionsrunde war ein Antrag der SPD/Grünen-Fraktion im Kreistag im Juni, wo den landwirtschaftlichen Unternehmen im Landkreis empfohlen werden sollte, einer freiwilligen Selbstverpflichtung zur gentechnikfreien Pflanzenproduktion beizutreten. Die Kreisräte fanden jedoch keinen Konsens und wollten mehr Informationen.
Und so diskutierten:
Dr. Bernd Maurer
Referatsleiter für Bio- und Gentechnik, Chemikalien im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft
Rolf Bobe
Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und Geschäftsführer der Agrarproduktion Lohmen
Dr. Uwe Schrader
Vorstandsvorsitzender des InnoPlanta e.V., Gatersleben und Abgeordneter (FDP) im Landtag von Sachsen-Anhalt
Jens Heinze
Grüne Liga Osterzgebirge e.V.
Ulf Müller
Betriebsbetreuer bei der Gäa- Vereinigung ökologischer Landbau e.V. Landesverband Sachsen
Die Moderation übernahm Hubertus Grass, ehemaliger Landesgeschäftsführer von B‘90/ Grüne und derzeit in der Geschäftsstelle zur Vorbereitung des Evangelischen Kirchentages 2011 in Dresden tätig.
Alle vorgetragenen Argumente hier wiederzugeben, würde diesen Artikel sprengen, zumal auch unter den Gästen einige Kreisräte waren, die ihre persönlichen Animositäten nicht verstecken wollten.
Als (nicht unvoreingenommener) Zuhörer konnte man erkennen, dass Gentechnik-Befürworter gern ein bisschen am Erbgut der Pflanzen ausprobieren möchten. Mit der Rechtfertigung, dass Kreuzen und Züchten von Pflanzen in der Vergangenheit ja auch schon eine Art Genmanipulation gewesen wäre. Außerdem wären „Schwellwerte“, also Verunreinigungen von Saatgut und Produkten in anderen Bereichen viel höher.
Die Gentechnik-Gegner prangern an, dass mit der Genmanipulation eher an Symptomen herumgedoktert wird, anstatt die Ursachen der Probleme zu suchen. Eine bessere Fruchtfolge auf dem Acker, weniger Monokultur und größerer Artenreichtum können viel verändern und die Manipulation überflüssig machen. Sie plädieren für eine Null-Prozent-Regelung, also für ein Verbot der Gen-Versuche, da eine Abtrennung in der Natur und in der Verarbeitung unmöglich ist. Der Wind und die Bienen halten sich eben nicht an die Grenzen und Gesetze und der Mähdrescher wird auch nicht bis zum letzten Korn gereinigt, bevor er aufs nächste Feld fährt.
Interessant ist die Ablehnung der Gentechnik durch den Vertreter des Bauernverbandes. Er verlangte mehrfach, dass die Gen-Forschung in die öffentliche Hand, also zum Staat gegeben wird. Nur so sind Interessenkonflikte von Forschung und Industrie zu vermeiden, nur so ist auch eine neutrale Bewertung der Versuchsergebnisse möglich. Vielleicht spielt hier schon die Angst eine Rolle, durch verändertes Saatgut abhängig von der Industrie zu werden?
Die Sächsische Staatsregierung versucht sich, aus allem heraus zu halten. Was in Europa erlaubt ist, muss auch in Sachsen gelten und letztendlich soll jeder Bauer innerhalb dieser Regeln frei entscheiden dürfen.
Trotzdem fand man am Ende der Diskussion zu einer Einmütigkeit:
* Genveränderte Lebensmittel müssen deutlich sichtbar deklariert werden.
* Der Staat darf sich aus der Forschung nicht zurückziehen und muss hier mehr Geld investieren.
Außerdem scheinen alle Beteiligten froh, dass es zu diesem Dialog gekommen ist, der fortgeführt werden sollte. Ob die Kreisräte nun doch zu einer einvernehmlichen Beschlussfassung kommen?
September 27th, 2010 at 11:35
Das Gute an der Podiumsdiskussion in Hartmannmühle:
Es wurde ein längst fälliger Dialog zwischen Befürwortern und Gegnern der grünen Gentechnik in unserer Region angeschoben, nachdem sich der bewusste und kritische Verbraucher in Sachsen seit Jahren von den Verantwortlichen im Stich gelassen fühlt.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser Dialog fortgesetzt wird, und es endlich auch zur längst überfälligen Kennzeichnung von Lebensmitteln kommt, in denen auf direktem oder indirektem Weg Gentechnik eingesetzt wird. Wir Verbraucher haben ein Recht darauf, gerade weil die Folgen für Natur, Mensch und Tier noch nicht erforscht sind!
Dietrich Papsch, Altenberg
September 28th, 2010 at 16:21
Es wird immer vom “mündigen Bürger” gesprochen, der ja selbst für sich verantwortlich ist. Aber wenn der Bürger wirklich keine Nahrung will, die mit Gentechnik produziert wird, dann wirds möglichst verheimlicht.
Und man muss sich diese Offenlegung – wie zum Beispiel Müller-Milch als Gen-Milch zu bezeichnen – erst beim Bundesverfassungsgericht einklagen, wie Greenpeace http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,718878,00.html
Oktober 13th, 2010 at 17:16
Folgende Einladung zur Diskussionsrunde „Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – „Insel“ ohne Gentechnik?“ erreichte uns von der Partei DIE LINKE:
DIE LINKE. Sächsische Schweiz – Osterzgebirge und das Abgeordnetenbüro Verena Meiwald, MdL laden am Mittwoch, den 20. Oktober 2010 ab 18 Uhr zur Diskussionsrunde: „Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – ‚Insel‘ ohne Gentechnik?“ in den Gothischen Saal der Stadtbibliothek Pirna, Dohnaische Straße 76 ein.
Seit einigen Wochen wird in unserem Landkreis kontrovers und emotional über Chancen und Risiken der Agro-Gentechnik diskutiert. Die Felder unserer Agrarerzeuger sind noch frei davon. Benachbarte Regionen zeigen jedoch: Gentechnik könnte uns schneller einholen, als wir glauben. Wie nah sind wir schon dran? Gentechnikgegner und -warner von SPD, Bündnis 90/Grünen und der LINKEN traf im Kreistag der Vorwurf: „Sie wollen eine Insellösung für die Sächsische Schweiz und das Osterzgebirge.“ (Prof. Dr. Schwerg, CDU).
Umwelt- und Verbraucherschützer warnen vor Risiken. Verbraucher sind misstrauisch – acht von zehn lehnen Gentechnik auf ihrem Teller ab. Und auch DIE LINKE. tritt für eine Stärkung der gentechnikfreien Regionen ein.
Aber warum? Welche Zweifel haben sie? Wen sehen sie als Gewinner und Verlierer dieser Technologie an? Wie ist der Forschungsstand dazu? Die Diskussionen in den letzten Wochen in unserem Landkreis haben gezeigt, dass vor allem eines besteht: Aufklärungsbedarf.
Aus diesem Grund führt DIE LINKE diese Veranstaltung durch, um Befürwortern und Gegnern die Möglichkeit der öffentlichen Aussprache zu bieten. Neben Vertretern verschiedener Parteien, werden Umweltverbände, Betroffene Landwirte und Imker erwartet. Auch interessierte Bürgerinnen und Bürger und Vertreter der Presse sind herzlich eingeladen.