Historische Eisenbahngeschichte und Tourismuskonzept gehen im Müglitztal verloren
von Mirko Mitschke
Durch die faszinierende Berg- und Tallandschaft des Müglitztales, welches schon König Johann von Sachsen als das schönste Tal Sachsens bezeichnete, schlängelt sich die Müglitztalbahn. Von Heidenau bis nach Altenberg bezwingt sie bei fast ständiger Steigung einen Höhenunterschied von 634 Metern und verbindet dabei das Elbtal mit dem Osterzgebirge. Unter wirtschaftlichen Einflüssen 1890 als Schmalspurbahn eröffnet, war sie etwa um 1930 dem stark angestiegenen Güter- und Personenverkehr nicht mehr gewachsen, welches sich besonders während der Wintersportsaison schmerzhaft auswirkte.
Von 1934 bis 1938 erfolgte daher, auch unter dem Aspekt der Hochwassersicherheit und zahlreicher Unfälle an den 266 schienengleichen und ungesicherten Wegübergängen, der Umbau auf Normalspur. Damit verbunden war eine teilweise neue Trassierung sowie die Errichtung von 92 Brücken und Durchlässen mit einer Gesamtlänge von ca.1500 m sowie 5 Tunnel (zusammen 1507 m). Eigens für die 38 km lange normalspurige Müglitztalbahn wurden spezielle Lokomotiven und Reisezugwagen gebaut, da einerseits der DR bis zum Jahr 1935 Loks für Gebirgsbahnen mit langen Steigungen und scharfen Krümmungen fehlten und um andererseits den Anforderungen des Reiseverkehrs (Ausflug- und Wintersportverkehr) gerecht zu werden. So entstanden die fünffachgekuppelten Tenderlokomotiven der BR 84 und die Mitteleinstiegswagen der Bauart Altenberg in Leichtbauweise. Nach dem zweiten Weltkrieg verschwanden die 84er aus dem Müglitztal. Schwere Uranerzzüge auf der Strecke Aue – Schwarzenberg – Johanngeorgenstadt, Dienst als Heizloks und Dampfspender sowie schließlich der Schrottplatz waren ihre letzten Stationen. 1968 wurde die letzte Lok der BR 84 verschrottet. Die BR 86 und später auch die BR 50 kamen auf die Strecke.
Ende 1967 begann schrittweise der Traktionswechsel. Die neue V 100 löste die Dampfloks ab. Etwa zeitgleich kamen, nach dem teilweisen Einsatz von Doppelstockzügen, Rekowagen auf die Müglitztalbahn und so fuhr seit 1968 auch kein Altenberger Wagen mehr im Müglitztal. Ab 1972 fuhr die BR 180, später die BR 119 von den Wintersportzügen. Ein Teil der Altenberger Wagen überlebte als Unterkunftswagen in verschiedenen Betrieben oder bei der DR. 1989 wurden diese jedoch ebenfalls verschrottet. Nach dem 100jährigen Streckenjubiläum im Juli 1990, bei dem erstmals wieder Dampfloks auf die Strecke kamen, wurde es ruhiger auf der Müglitztalbahn. Fahrgastzahlen gingen durch den Wegfall von Arbeitsplätzen zurück, unsere umweltfreundliche Politik verlagerte auch hier den Güterverkehr auf die Straße. Die Deutsche Bahn investierte nicht mehr und fuhr nur noch auf Verschleiß. Es entstanden immer neue Langsamfahrstellen, was ein weiteres Absinken der Fahrgastzahlen zur Folge hatte. Schließlich drohte die Stillegung. 8000 im Herbst 1997 von Eisenbahnfreunden gesammelte Unterschriften für den Erhalt der Müglitztalbahn trugen maßgeblich dazu bei, dass Votum des Zweckverbandes “Verkehrsverbund Oberelbe” für einen langfristigen Weiterbetrieb zu unterstützen.Im Mai 1998 begann die Sanierung, welche im Jahr 2000 abgeschlossen wurde.
Am 24. Januar 1998 wurde der Förderverein für die Müglitztalbahn e.V. gegründet. Schwerpunkte der Vereinsarbeit waren die weitere Entwicklung der Strecke Heidenau-Altenberg aktiv mitzugestalten und die Erschließung des touristischen Potenzials der Müglitztalbahn. Dampfloks kehrten nun zu Sonderfahrten, die sich stets großen Zuspruchs erfreuten, regelmäßig ins Müglitztal zurück. Gemeinsam mit der Stadt Bärenstein wurde das Empfangsgebäude des Bahnhofs Bärenstein restauriert. Hier entstand ein Vereins- und Begegnungszentrum sowie ein Museum, welches zur Bewahrung und Aufarbeitung von historischem Material und Sachzeugen diente. Die ehemaligen Gleise 2 und 3 des Bahnhofs wurden zur vereinseigenen Anschlußbahn umgebaut. Somit wurde die Arbeit des Eisenbahners anno 1939 wieder erlebbar.
Im Frühjahr 1998 wurde ein Altenberger Wagen unweit von Prag entdeckt. Dieser vermutlich letzte noch erhaltene Wagen gelangte während des Zweiten Weltkrieges nach Böhmen, wo er bis in die 60er Jahre eingesetzt wurde. Der Wagen wurde am 18. Mai 2000 nach Deutschland zurückgeholt und mit Hilfe von Fördermitteln und Spenden originalgetreu restauriert. Als technisches Denkmal eingestuft und geschützt, welches seine große Bedeutung für die Eisenbahngeschichte unterstreicht, bildete er nun den Höhepunkt der Ausstellung im Bahnhof Bärenstein. Hier bekam er eine eigene Halle zur Unterstellung und war gelegentlich bei Sonderfahrten zu erleben. Zuletzt waren die jährlichen Bahnhofsfeste im Mai in Bärenstein und die Adventsfahrten zum Altenberger Weihnachtsmarkt besondere Erlebnisse auf der Müglitztalbahn. Gerade die Adventsfahrten waren äußerst beliebt – es musste mit zusätzlichen Wagen und Schiebelok gefahren werden. Neben dem Reiz der Fahrt durchs weihnachtliche Müglitztal, gab es während der Rückfahrt immer bei einem einstündigen Zwischenstopp in Bärenstein leckeres vom Grill, Glühwein und Gelegenheit, dass Bahnhofsmuseum zu besichtigen. Die Kombination aus Grill- und Glühweinduft verbunden mit Dampflokrauch – es war Eisenbahnromantik vom Feinsten.
Unvergeßlich! Doch es war einmal…
Den Förderverein für die Müglitztalbahn gibt es nicht mehr. Bis 2008, dem Beginn der Finanzkrise, stand der Verein auf soliden wirtschaftlichen Füßen. Zeitgleich mit der Krise sank die Zahl der Besucher der Bahnhofsfeste und auch die Zahl der Teilnehmer an Sonderfahrten. Spenden gingen dramatisch zurück. Man musste sich auf wenige Schlüsselveranstaltungen pro Jahr konzentrieren. Die Einnahmen sanken weiter. Kredite, steigende Kosten für Versicherungen, Gleisanschlussgebühren sowie notwendige Instandsetzungen am Vereinshaus konnten nicht mehr bezahlt werden. Neue Mitstreiter zu gewinnen, gelang ebenso wenig, wie Partner in der Region zu finden, die den Verein finanziell weiter unterstützen. Die seit 2001 angestrebte Vernetzung mit touristischen Angeboten im Müglitztal und anliegender Region kam nur schleppend bis gar nicht voran. Hinzu kommt, dass alles teurer wird und die Kaufkraft weiter sinkt. Junge Leute verlassen die Region, da sie hier keine oder nur schlecht bezahlte Arbeit finden. Aktive Vereinsmitlgieder werden stärker in ihre berufliche Arbeit eingebunden (falls sie welche haben) oder müssen dafür die Region ebenfalls verlassen. Andere Vereinsmitglieder scheiden alters- oder gesundheitsbedingt aus Vereinen aus. Auch ist die Zeit der Fördertöpfe (wo schon mal eine ABM dabei mit abfiel) und großzügiger Spender vorbei. Wer also in aller Welt soll in Zunkunft sich noch den Hut für einen solchen Verein aufsetzen, wer soll das für den Betrieb nötige Personal noch stellen? Alles eben Angesprochene trägt dazu bei, dass zukünftig kaum noch Nachwuchsmitglieder zu finden sein werden und vieles finanziell nicht mehr tragbar ist. Weitere Vereine werden aufgeben müssen, was den überlebenden Vereinen einen Moment Atempause beschert, bis auch ihnen irgendwann die Luft ausgeht…
Natürlich trifft dies nicht nur auf Eisenbahnvereine zu. Was hier beim Förderverein für die Müglitztalbehn richtig oder falsch gemacht wurde – darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen finden dies richtig, die anderen nicht und umgekehrt. Dies hier aber zu erörtern, würde jeden Rahmen sprengen. Fakt ist, dass hier Kulturgut, ein Stück historischer Eisenbahngeschichte unserer Region verloren geht und dies scheinbar ohne großes Bedauern hingenommen wird. Die Müglitztalbahn und die Arbeit des Fördervereins würden normalerweise eine ganz wichtige Rolle bei der touristischen Entwicklung unserer Region spielen, in der nach 1989 ein Großteil der Betriebe zerschlagen wurde und welche heute im wesentlichen vom Fremdenverkehr lebt.
Aber wen interessierts? Wo blieben Hilfsangebote oder Unterstützung unserer Diätenschweren Volksvertreter, die sich sonst für die Tourismusentwicklung immer so wichtig tun? Beim Bahnprojekt Stuttgart 21 werden Milliarden verpulfert, deren Sinn und Notwendigkeit in Frage steht. Lächerlich dagegen wären die Summen, um den Verein und dessen geschaffene Werte der Region zu erhalten. Und so fuhr er hin, der letzte Adventszug im Dezember 2011. Wahrscheinlich wegen weniger Fahrgästen als in den Vorjahren, gezogen von der billigeren Diesellok. 2012 war nun wieder das erste Dampflokfreie Jahr auf der Müglitztalbahn. Kein Bahnhofsfest im Mai, keine Adventsfahrt mehr. Der Altenberger Wagen steht zum Verkauf. Was wird aus dem Bahnhofsmuseum Bärenstein? Jammerschade um das Stück Heimatgeschichte, welches hier verloren geht.
Lobet den Euro, seine Beführworter und dessen Nutznieser.
Juni 28th, 2013 at 13:55
Es ha einige des harten Kerns probiert neu zu starten .Es fand eine Gründungsveransteltung statt aber es werden immer wieder Steine seitens der Insolventsverwalung des Finanzamtes Sitz Freital und nicht zuletzt der alten Vereinsführung in den Weg gelegt ausserdem ist der Mieter im Vereinshaus auf Krawall gebürstet ,ausserdem muss der neue Verein Miete zahlen also ist das rein rechnerisch nicht zu stemmen . Selbst die Weihnachts Sonderfahrt erfordert einen grösseren Aufwand da es immer schwerer wird Historische Fahrzeuge zu Mieten da immer weniger Betriebsfähige vorhanden sind.