Dippser Weihnachtsmärchen
Unlängst berichtete eine größere sächsische Tageszeitung, dass für den Dippser Weihnachtsmarkt mindestens 10.000 Euro an Steuergelder ausgegeben werden. Dazu erfolgte die Veröffentlichung vieler Unmutsbekundungen, was die Qualität – also den Weihnachtsgedanken – dieser Veranstaltung anbelangt. Kein Adventskalender mehr für die Kinder, schlecht abgestimmte Öffnungszeiten sowie ein unattraktives Angebot.
In den einschlägigen sozialen Netzwerken wird man noch deutlicher. Aber auch die Meinung vieler Dippser Einwohner über „ihren Weihnachtsmarkt“ ist verheerend. Nicht zuletzt nahm man erst am Wochenende beim Weihnachtskonzert im Gymnasium die Stadt auf die Schippe: Vielleicht helfen die hier aufgebauten Stände und Angebote als Anregung, dass Dippoldiswalde auch mal wieder einen „richtigen Weihnachtsmarkt“ bekommt. Der Oberbürgermeister Jens Peter saß in der ersten Reihe und Schulleiter Volker Hegewald versuchte in seiner kurzen Ansprache auch schnell, diese Kritik wieder etwas einzufangen.
Woran es in Dippoldiswalde krankt? Hier gibt es wohl mehrere Ansätze:
1. Finanzen: Die Organisation erfolgt durch die Stadtverwaltung selber, der städtische Bauhof übernimmt technische Hilfsleistungen. Damit aber wird die Vorbereitung durch die teureren Arbeitskräfte unserer Stadt (Gehaltsliste öffentlicher Dienst) durchgeführt.
2. Organisation: Wer einen Markt durchführen will, stellt im eigenen Interesse feste Regeln auf: Angebot und Öffnungszeiten sind hier Pflicht. Oftmals gibt es aber auch weitere Festlegungen über die Vermeidung von Einweggeschirr, die Dekoration der Stände oder über eine eingeschränkte Beschallung der Besucher mit schlechter Musik. Manche Weihnachtsmärkte verzichten sogar auf elektrischen Strom, um damit dass heimelige Gefühl zu steigern.
In Dippoldiswalde hat man aber den Eindruck, nach dem oben genannten Zeitungsartikel leider auch die Gewissheit, dass die Organisatoren ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. „Wenn die Händler das wollten, wären wir die Letzten, die etwas dagegen hätten“, wird Hauptorganisatorin Angela Meisegeier vom städtischen Kulturhaus zitiert. Nur leider zahlen die Händler nicht den Fehlbetrag in der Kasse.
3. Einbeziehung der Dippser Bevölkerung: Hier muss man leider wieder konstatieren, dass es auf dem Weihnachtsmarkt viel zu wenig menschelt. Die meisten Dippser kommen gucken, essen eine Wurst (wahlweise Lángos oder Crêpes), trinken fertigen Christkindel-Glühwein und plauschen mit ebenfalls zufällig anwesenden Freunden und Bekannten. Manchmal singt auch eine Kindergartengruppe oder die Klasse einer nahen Grundschule. In diesen Augenblicken stehen dann vermehrt die Omas und Opas der Kinder vor der Bühne – die Eltern müssen nachmittags in der Regel noch arbeiten.
Aber sonst? Weit und breit ist nicht spürbar, dass hier auf die Bürger zugegangen wurde. Das Weihnachtsgefühl, das Menscheln erlebte man in trauter Geselligkeit in den Hutzenstuben im Erzgebirge, wo selber gebastelt, selber gekocht und auch selber gesungen wurde. Hier sollten sich die Macher des nächsten Weihnachtsmarktes dringend Gedanken machen, damit Dippoldiswalde wieder einen Ruf erhält, der uns als Tor zum Osterzgebirge – also dem Weihnachtsland schlechthin – zustehen sollte.
Um noch einmal auf die oben erwähnte größere sächsische Tageszeitung zurück zu kommen: In der gleichen Ausgabe wurde vom ersten Theleradvent in Höckendorf berichtet. Dort übernahm der hiesige Handels- und Gewerbeverein die Organisation, weil die Stadt sich dies nicht mehr leisten wollte: „In diesem Jahr soll aber alles ein bisschen anders werden, nicht mehr so sehr eine Verkaufsveranstaltung wie in den vergangenen rund 16 Jahren. „Wir wollen das Ganze mehr auf Vereinsbasis stellen“, sagt Jörg Reichelt vom Handels- und Gewerbeverein.“ (Zitat SZ vom 10.12.2014)
Und: Man erwartet sogar einen Erlös, mit dem man die Vereinsarbeit im Ort unterstützen möchte!
Dezember 15th, 2014 at 12:59
Schöner Artikel und passend kommentiert.
Auch ich frage mich, was würde andere nach DW locken, um einen Weihnachtsmarkt zu besuchen?
Ganz klar: der Markt darf nicht beliebig austauschbar sein (so wie er jetzt ist). Er muss etwas bieten, was man woanders nicht (oder selten) findet.
Ich würde den Weihnachtsmarkt im kompletten Schloßhof und dem Durchgang zur Bahnhofstraße ansiedeln. Wenn möglich, in einen mittelalterlich anmutenden Markt ändern. Solche Märkte werden wohl von Agenturen fix-und-fertig angeboten.
Man sieht die Wirkung solcher Märkte in der richtigen (historischen) Umgebung sehr gut in Dresden (Stallhof), Festung Königstein, aber auch in Freital Burgk (zu Ostern). Und mit der Kulisse des Schlosses braucht sich Dipps nicht verstecken.
Diese Märkte pulsieren schon allein durch die Kostümierung der Akteure, durch Gaukler, Musiker usw. Handwerker schmieden, backen, schnitzen usw.
Die Verweildauer auf einem solchen Markt ist meist länger, als auf einem “Standard”-Markt. Und das käme unserer Stadt sicher zu Gute.
Mit der entsprechenden Werbung und der Mund-zu-Mund Propaganda kann man einen solchen Markt mit Menschen füllen.
Zu den Kosten kann ich nichts sagen – vielleicht kann jemand anders etwas dazu sagen?
Dezember 15th, 2014 at 14:22
@Marcus: Schöne Idee, wurde in DW wohl auch in ähnlicher Form schon einmal praktiziert.
Die Organistation eines Marktes einer professionellen Agentur zu übertragen wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung. Eine Stadtverwaltung mit angehängtem Kulturzentrum kann dies in der geforderten Qualität eben nicht leisten. Das soll kein Vorwurf sein, sondern es ist einfach ein in DW oft bewiesener Fakt.
Die Stadt brachte stets Hinderungsgründe wegen des Standorts im Schlosshof vor: Brandschutz, unzureichende/mangelnde Strom- und Wasserversorgung etc. Heutzutage dürfte das mit modernen techn. Mitteln doch auch recht gut zu umzusetzen sein.
Tja und wenns gar nicht anders geht, dann sollte man es lassen. Es gibt auch andere Ort ohne Weihnachtsmarkt.
August 22nd, 2015 at 10:35
[...] hätte sich die Frage Nr. 3 wohl beantwortet. Dem Thema Weihnachtsmarkt hatte sich die Dippser StattZeitung bereits Mitte Dezember 2014 kritisch genähert. Eine Reaktion der Verantwortlichen, aber auch von seiten des Ortschaftsrates, [...]