Bei der letzten Stadtratssitzung am Mittwoch in der vergangenen Woche wollte ein Bürger (ich) gern wissen, wie der Breitbandausbau für ein besseres Internet in Dippoldiswalde vorankommt. Ich wohne in einem größeren Siedlungsgebiet mitten in der Kernstadt von Dippoldiswalde und nicht in einem Forsthaus irgendwo im Nirgendwo. Die Speed-Tests ergeben immer wieder Werte, die weit unter den veralteten 6 Mbit/s liegen. Ruckelnde Datenübertragungen sind Standard, Videokonferenzen oder andere moderne Telekommunikation ist kaum möglich.
Dem Oberbürgermeister Jens Peter sind die schwachen Kommunikationsstrukturen in Dippoldiswalde, die Ortschaften sind oftmals noch viel belämmerter versorgt, schon seit seiner Wahl bekannt und eigentlich war dies auch ein großes Thema in seinem Wahlkampf: „schnelles Internet auch für den ländlichen Raum“.
Nachdem sich Dipps im letzten Jahr mit einem eigenen Weg vergaloppiert hatte, war eine Nachfrage zu diesem Thema durchaus berechtigt. Die traurige Antwort:
Wir warten derzeit erst einmal ab.
Dipps und ein paar Nachbargemeinden hätten sich für das VECTORING entschieden, aber VECTORING wird zurzeit nicht durch Förderprogramme von Freistaat und Bund unterstützt. Aber vielleicht würde sich hier die Ansicht über VECTORING ja auch noch ändern – also warten wir.
Da ich mich nicht mit dem komplexen Thema beschäftigt habe, sondern einfach nur einen normalen Internetanschluss brauche, war die Frage berechtigt. Zudem hätte wahrscheinlich auch kaum ein Stadtrat die Antwort gewusst:
Was bitteschön ist VECTORING?
An dieser Stelle kam der Ex-Informatiklehrer der Mittelschule ins Schleudern. Jens Peter, der sich im Vorfeld mit diesen Themen hätte ja auseinander setzen müssen, konnte keine Antwort geben. Zu seiner Ehrenrettung: Er versprach die Beantwortung schriftlich und er hat auch sein Versprechen eingehalten.
Nur ganz kurz: Dass zukünftig jedes Haus mittels Glasfaserkabel an das Internet angeschlossen werden muss, stellt weltweit niemand mehr infrage. Internet über LTE (Mobilfunk) oder über dünne Kupferdrähte sind lediglich Zwischentechnologien.
VECTORING heißt, dass ein Glasfaserausbau bis in zentrale Hauptverteiler in den Wohn- oder Anschlussgebieten erfolgt. Von dort werden mittels spezieller Technologie die alten vorhandenen Kupferdrähte genutzt.
Vorteil 1 – Kosten: Da die Struktur der Erdkabel (letzte Meile) weiterhin genutzt werden kann, ist diese Aufrüstung des Netzes relativ günstig.
Vorteil 2 – Zeitschiene: Aus diesen Gründen sollte eine Umrüstung des Netzes recht kurzfristig möglich sein.
Nachteile: neben höheren Kosten und Zeitaufwand
* Da in den Bereichen, wo Vectoring eingesetzt werden soll, technisch keine alternativen Anbieter möglich sind, schafft man hier eine Monopolstellung (zumeist zugunsten der Deutschen Telekom).
* Realistische Bandbreiten, technisch wären mit Vectoring ca. 100MBit/s möglich, scheinen schon jetzt für die Zukunft nicht mehr ausreichend zu sein. Vereinzelt gibt es zwar Versuche, noch höhere Datenmengen mittels Kupferkabel zu übertragen, aber hier wird ein schnelles Signal immer wieder von der Länge des Kupferkabels beschränkt.
Wie weiter? Manche Landkreise haben bereits Verträge mit der Telekom abgeschlossen, um ihre Region mittels Vectoring vorerst zeitgemäß auszustatten. Gemäß dem Sprichwort: „Der Spatz in der Hand …“ freuen sich die Endkunden oftmals auch erst einmal über das schnellere Internet.
Andere Landkreise bzw. auch einzelne Kommunen investieren in ein eigenes Glasfasernetz und schaffen so tatsächlich zukunftsweisende Strukturen für ihre Region. Immer wieder hört man hier die Begründung „Daseinsfürsorge“.
Da Konkurrenten der Telekom über eine Verfassungsklage aufgrund der Monopolschaffung bei der letzten Meile nachdenken, scheint eine kurzfristige Zusage von Fördergeldern kaum wahrscheinlich.
Und in Dipps? Als „Daseinsfürsorge“ wird erst einmal in einen Polypark investiert. Das vom Oberbürgermeister verkündete „Warten“ und das Verlassen auf Andere führt Dippoldiswalde lediglich weiter in Richtung Abstellgleis.
Die beiden Informationen, die uns Oberbürgermeister Jens Peter zukommen ließ, finden Sie hier und hier (jeweils als *.pdf).