Kennen Sie Bratwurstjournalismus?
Zugegeben, dieses Thema klingt nach einem Sommerloch. Allerdings hat der Begriff „Bratwurstjournalismus“ einen sehr ernsten Hintergrund.
Hardy Prothmann, der Erfinder dieses Begriffes ist selber Journalist. Früher schrieb er u.a. für die Frankfurter Rundschau, den Focus oder die Zeit. Heute betreibt er erfolgreich und unter kommerziellen Aspekten sein Heddesheimblog und weitere lokale Nachrichtenportale.
Prothmann ist der Meinung: “Der typische Bratwurstjournalist schreibt immer dieselben blöden, langweiligen, ausgelutschten Formulierungen, wie man sie täglich in fast jeder Lokalzeitung lesen kann.”
Konkret: “Der Wettergott war gnädig, die Bratwurst lecker, das Bier kühl.“ Solche und ähnliche Floskeln findet man leider in vielen Regionalzeitungen. Die Langfassung würde dann lauten: „Obwohl die Aussichten nicht gut waren, zeigte sich der Wettergott letztlich doch gnädig und grüßte mit Sonnenstrahlen die Festbesucher – sehr zur Freude der zahlreichen Gäste. Auch für das leibliche Wohl war gesorgt: Wie es sich für ein zünftiges Fest gehört, löschten viele mit kühlen Gerstensaft ihren Durst und ließen sich natürlich wie jedes Jahr die leckeren Bratwürste schmecken.“
Die handelnden Personen sind dann meist „voll des Lobes und Dankes“. In den Texten wird „unterstrichen“, „betont“ und „hervorgehoben“, „sich gefreut“ und „scherzhaft angemerkt“, „sich erinnert“ und „erklärt“.
Diese aufgepumpten Phrasen bezeichnet Hardy Prothmann als Bratwurstpoesie.
Ein interessantes Interview mit Hardy Prothmann zum Thema „Bratwurstjournalismus“ gab es vor längerer Zeit im Blog der Nürnberger Zeitung. Eine Sammlung von Phrasen – vielleicht als Anregung für Lokalredakteure mit Schreibblockade – findet man im „Umblätterer“. Mittlerweile in 32 Folgen findet man hier ca. 160 Beispiele zum Erkennen von „gutem“ Bratwurstjournalismus.
August 3rd, 2010 at 22:33
[...] Bratwurst-Journalismus [...]